Am schönsten ist es, wenn man wieder herauskommt
„Unterwegs in den Hallen der Umkehr“, lautet die Überschrift einer Rezension in der FAZ vom 7. September 2015 (Seite 10). Anja Hirsch schreibt:
„Es gibt sie wirklich, eine „Fata Morgana des Ohrs“. Günter Stummer hat sie selbst erlebt. Im absoluten Dunkel der Höhle hörte er plötzlich irgendwo Wasser tropfen. Oder eine nachfolgende Gruppe. Aber da war nichts. Obwohl es selten absolut still ist an dem „Un-Ort“, der auch Laien immer wieder fasziniert. Keine Bäume, kein Licht, das „ganz Andere“ hat schon Romantiker in den Bann gezogen. E.T.A. Hoffmann versetzt Szenen innerer Metamorphosen gerne unter Tage. In Michael Endes „Unendlicher Geschichte“ findet sich Weisheit im Stollen. Und als 2014 Johann Westhauser in der „Riesending“-Schachthöhle nahe Salzburg verunglückte und geborgen wurde, standen plötzlich selten gehörte Details im Fokus der Medien. Jetzt erzählen echte Höhlenforscher auf zwei Supposé-CDs über die Wirklichkeit im Innern der Erde.“
Und weiter:
„Wie von diesem Verlag gewohnt, ist allein die Aufmachung der Box ein Lichtstrahl gegen die unsinnliche Audio-download-Konkurrenz. Das umfangreiche Begleitbuch mit Fotografien und kleinem Essay darf sich wirklich Buch nennen. Handgeschriebene Diagramme und labyrinthische Landkarten zieren CDs und Hüllen. Man traut allein dem lebendigen Erzählen die Sogwirkung ins Dunkel zu. Manchmal hört man Hall und Schritte. Im Literatur- wie im Sachhörbuchbereich ist Klaus Sander mit diesen Prinzipien gut aufgestellt. Dieter Wellershoff hat er so eindringlich pur vom Krieg und Altern erzählen lassen, dass man sich schwer abwenden konnte; Peter Kurzeck, den großen, 2013 verstorbenen Lebenserzähler, überhaupt erst durch dieses Medium bekannt gemacht. Aufbereitetes „erzähltes Wissen“, etwa über Viren oder Quantenphysik, ist sein Angebot gegen die Informationsvielfalt.“
Hirschs Fazit: „
Regelrechte „Sichtsucht“ scheint da alle zu erfassen. Das wird beim mexikanischen Höhlentauchen, das Robert Schmittner von der Halbinsel Yucatán aus beschreibt, kaum anders sein, wenngleich kein Trockenhöhler da einfach mitmachen kann. Schmittner führt uns bis zu 14 000 Jahre alten amerikanischen Skeletten und Opfergaben aus der Mayazeit. Zeit, die Höhlen auch mal wieder zu verlassen. „Der schönste Moment ist der des Wieder-Herauskommens“, so Kempe. „Glück tief“ hatten dabei auch Klaus Sander und Hilmar Schmundt selbst. Die Regisseure, die einige der Gespräche vor Ort in den hallenden Gängen der hochalpinen Dachstein-Mammuthöhle geführt haben, waren vom Leben im Dunkel und dem „Tröpfeln, Krabbeln, Rauschen“ selbst überrascht. Mehrere Tage mit Leitern, Seilen und Schlafsäcken in der Finsternis wirke sich aber aufs Denken, Fühlen und Handeln aus. Gut, dass sie zur Produktion wieder bei Sinnen waren. Es ist eine geheimnisvolle, reichhaltige Edition jenseits des üblichen Stalaktiten- und Stalagmiten-Wissens geworden.“
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Christel Wester bespricht auf WDR3 das Audiobuch „Glück Tief“: „Der Verlag supposé ist bekannt für Hörbücher, denen kein geschriebenes Buch zugrunde liegt: Da wird nicht vorgelesen, sondern in freier Rede erzählt. Ein ungewöhnliches Spezialgebiet des Verlags bildet die Reihe „Erzähltes Wissen“. Hier kommen Fachleute aus allen Gebieten der Wissenschaft zu Wort, Historiker und Philosophen ebenso wie Quantenphysiker und Virologie.“
Und weiter: „In der neuen Produktion, die Regisseur Klaus Sander gemeinsam mit dem Wissenschaftsjournalisten Hilmar Schmundt realisiert hat, geht es um die Welt, die unter unseren Füßen liegt. Sechs Höhlenforscher entführen in ein unbekanntes Universum. Auf dieser akustischen Reise erfährt man alles über die unterirdischen Wunderkammern mit ihrer Flora und Fauna, archäologischen Funden und klimatischen Bedingungen. Dabei wird klar, dass die Höhlenforschung ein verlängerter Arm vieler Wissenschaftsbereiche ist. Geografen und Biologen sind ebenso auf sie angewiesen wie Historiker und Tiefbauingenieure.“
Auch Eva Reismann bespricht in der August-Ausgabe von Spektrum der Wissenschaft unser Audiobook „Glück Tief“:
http://www.spektrum.de/rezension/kritik-zu-glueck-tief-tontraeger/1359650
„Stephan Kempe, Geologie-Professor an der Technischen Universität Darmstadt, versteht es, das eher trockene Material sehr fesselnd zu vermitteln“, schreibt Reismann: „Dabei scheut er keineswegs vor Fachbegriffen und chemischen Summenformeln zurück. Vielmehr findet er eingängige Bilder, um sie zu veranschaulichen. Das unglückliche Rhinozeros etwa, das vor Urzeiten in die Lava geriet und einen Hohlraum in dieser zurückließ, prägt man sich als markantes Beispiel für eine „Primärhöhle“ ein, die gleichzeitig mit dem umgebenden Gestein entsteht.“
Gekonnt führt Reismann durch die Doppel-CD, als sei auch sie Teil einer Entdeckungsreise: „Lediglich an einer Stelle wünscht man sich Zettel und Stift herbei, um den Ausführungen zu folgen: als der Geologe nämlich die Löslichkeit von Kalk in Abhängigkeit von der Kohlendioxidkonzentration im Wasser erörtert. Doch siehe da, auf der CD-Hülle ist die zugehörige Funktionskurve abgebildet.“
Der Anfang der zweiten CD enttäuscht Reismann ein wenig: „Nach der gelungenen ersten Scheibe ist man umso gespannter auf die Aufnahmen „Mit Günter Stummer und Herbert W. Franke in der Dachstein-Mammuthöhle“ auf CD Nummer 2. Doch die renommierten österreichischen Höhlenforscher vermitteln wenig von der Stimmung dort unten.“ Aber zum Glück tröstet sie das Grande Finale und der Ausstieg aus der Unterwelt dann doch über die kleine Hängepartie hinweg: „Spannender wird es, wenn andere Höhlenforscher ihre Faszination für unentdeckte Höhlentiere schildern oder von Tauchgängen unter der mexikanischen Halbinsel Yucatán berichten, bei denen sie Überreste von eiszeitlichen Tieren finden. Und wenn der Bochumer Geografie-Professor Andreas Pflitsch abschließend vermittelt, dass in U-Bahn-Schächten ähnliche Luftströmungen eine Rolle spielen wie in natürlichen Höhlen, macht das zwar die Relevanz des Fachgebiets noch einmal deutlich, doch man bedauert es fast, sich der Oberfläche mit diesem Thema wieder zu nähern. Beim Zuhören bekommt man Lust, wieder einmal eine (touristisch erschlossene) Höhle zu besuchen – und dieses Mal genauer hinzuschauen, als man das sonst tut.“
Hier geht es zur Rezension:
http://www.spektrum.de/rezension/kritik-zu-glueck-tief-tontraeger/1359650
Und hier zum Audiobuch:
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Rezension im Bayerischen Rundfunk
- Knut Cordsen im Bayerischen Rundfunk schreibt: „Als vor einem Jahr der Höhlenforscher Johann Westhauser in der Riesending-Schachthöhle im bayerisch-österreichischen Grenzgebiet verunglückte und aus 1.000 Metern Tiefe in einer aufwändigen Rettungsaktion geborgen wurde, sprach alle Welt über sie: die Höhlenforscher. Jetzt reden sie selbst über ihre Arbeit unter Tage: auf der Doppel-CD „Glück tief. Höhlenforscher erzählen“.“
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Äußerst erhellend, hier jenen zu lauschen, die man allzu leichtfertig als mit Karbidlampen oder anderem Beleuchtungsgerät ausgestattete Troglodyten abstempelt.
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Thomas Bernhard mögen die Höhlenforscher nur eine Prosaminiatur wert gewesen sein, aber wessen Schulbuchwissen bisher nur bis zu Stalagmiten und Stalaktiten reicht, den nimmt diese Doppel-CD von Klaus Sander und Hilmar Schmundt mit auf eine erkenntnisstiftende Reise in den „Weltinnenraum“, um’s mit Rilke zu sagen. Man lernt viel über die „Wetterführung“ unter Tage sowie die aus tausenderlei Kleinstlebewesen bestehende Tierwelt dort. Rund 8000 Höhlen gibt es allein in Deutschland – und Geschichten um lebensgefährliche, urplötzlich in der Straße klaffende 40 Meter tiefe Löcher, vor denen Autofahrer gerade noch rechtzeitig bremsen konnten. (….)
-Auszug aus Knut Cordsens Empfehlung im Bayerischen Rundfunk am 2. Juni 2015 als „Hörbuch der Woche“.
Hier noch ein Artikel zum Thema auf SPON in eigener Sache:
http://www.spiegel.de/reise/europa/dachsteingebirge-trekking-in-der-mammuthoehle-a-1033589.html
Hier noch ein Einblick in die aktuelle Sommermode innerhalb der kleidungsbewussten Subkultur der Speläologie: