Der neue Drohnen-Führerschein: Wir müssen leider unten bleiben

 

Bildschirmfoto 2017-09-29 um 18.46.50Eigentlich sollte der neue Drohnenführerschein, der ab Oktober erforderlich ist für Drohnen über 2 Kilogramm, das Copterfliegen sicherer machen.

 

Doch die meisten der rund 500.000 unbemannten Flugobjekte hierzulande sind leichter als zwei Kilo, der Inhalt der neuen Verordnung erreicht daher 90 Prozent der Piloten gar nicht – zumal er in unlesbarem Juristendeutsch formuliert ist. Doch es hakt an der Übersetzung und Kommunikation der Regeln, von denen viele durchaus sinnvoll sind (wenn auch nicht alle).

Dabei wäre es ein Leichtes, mit klugen Apps Klarheit zu schaffen, indem die Piloten einfach und klar erklärt bekommen, ob sie starten dürfen. Oder was genau dagegen spricht. Eine solche naheliegende Aufklärungskampagne für Piloten wurde leider von Verkehrsminister Dobrindt versäumt.

Ein Faltblatt des Ministeriums vergisst sogar, eine wichtige Flugverbotszone aufzulisten: im Umkreis von Krankenhäusern, weil dort oft Hubschrauber mit Verletzten landen.

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Der Effekt: Woche für Woche kommt es zu Fast-Kollisionen mit Flugzeugen oder Hubschraubern. Wir erklären in der aktuellen Ausgabe, was erlaubt ist und was nicht.

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Hier noch ein Gespräch, dass ich heute dazu im Kulturradio des RBB geführt habe mit Achim Friedl, Vorstandsmitglied beim Verband für unbemannte Luftfahrt (UAV DACH).

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Durch die Unklarheit und Unsicherheit kommt es immer wieder zu gefährlichen Annäherungen zwischen Drohnen und Flugzeugen. Doch bislang werden die Copter-Chaoten nicht erreicht. Für mich ist völlig unverständlich, warum das Verkehrsministerium und die Deutsche Flugsicherung nicht eine umfassende Warn- und Lernapp auf GPS-Basis herausgegeben haben, die jeder Nutzer vor der Inbetriebnahme installieren muss, vielleicht sogar einfach also Teil der Steuerungs-Software integriert. Als ich gestern so tat, als wollte ich am Berliner Alexanderplatz eine Drohne fliegen, warnte mich die Software nur schwammig: „Fly with caution“.

Von wegen fly with caution.

Dort ist eine Flugverbotszone. Aus mehreren Gründen. Die Bahn geht direkt daneben vorbei, dort schiebt sich jeden Tag eine riesige Menschenmenge über den Platz. Und natürlich liegt der Alex mitten im Bannkreis von fünf Kilometern, der den Reichstag und das Regierungsviertel vor UAV schützen soll.

Die neue Drohnen-Verordnung ist zahnlos, solange sie nicht verständlich kommuniziert wird.

Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur hat zwar einen Papier-„Flyer“ herausgebracht. Aber was nützt ein Flyer, wenn er für die Piloten vor Ort nicht verfügbar ist?

Hier müsste dringend nachgebessert werden. Diese Versäumnisse leisten nur dem teils verbreiteten Gefühl der Angst Vorschub, das hierzulande gerne auf neue Technologien projiziert wird. Je schneller ein digitaler Beipackzettel in jeder Steuer-Software für Drohnen integriert ist, am besten mit einem interaktiven Quiz und GPS-basierten Warnungen, desto besser kann einer oft leicht hysterischen Angst-Debatte begegnet werden.

Was ist erlaubt, was verboten? Droht mir nach Überfliegen eines Wohngebietes vielleicht Jahre später ein Rechtsstreit? Welche App erklärt mir rechtssicher und klipp und klar, wann und wo ich fliegen darf? Diese Planungssicherheit fehlt bislang.

Vor kurzem wollte ich am russischen Ehrenmal in Treptow fliegen. Zwei Apps gaben mir die Auskunft: Alles OK. Doch kaum war ich gestartet, stoppte mich ein Polizeibeamter: Fliegen verboten, aufgrund der aktuellen Gefahrenlage. Genauer dürfe er mir das nicht erläutern. Aber ich solle doch nächstes Mal einfach beim zuständigen Polizeirevier anrufen. Wohlwollend sagte der Beamte mir aber, dass ich auf der anderen Straßenseite fliegen darf, im Park an der Spree. Was er nicht dazu sagte: Das dürfte ein etwa 10 Meter breiter Streifen sein, denn auf der einen Seite läuft eine Bundesstraße, auf der anderen eine Wasserstraße, und von beiden muss ich 100 Meter Abstand halten. Weder Apps noch Polizei sind also eine Hilfe beim Versuch, legal und mit Rechtssicherheit und Planungssicherheit zu fliegen.

Aufgrund der unklaren Rechtslage, vor allem was das Überfliegen von Wohngebieten angeht, heißt derzeit das Signal für Copter-Interessierte eher: Wir müssen leider unten bleiben. Zumindest im Umkreis von Städten. Auf dem Lande sieht die Lage oft einfacher aus, aber auch dort gibt es viele Regeln zu beachten. Zum Beispiel darf nicht über Naturschutzgebieten geflogen werden. Die aber werden in vielen Copter-Apps nicht berücksichtigt, sondern müssen separat von der Website des Bundesministeriums für Naturschutz heruntergezogen werden.

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Und ein ein paar Jahren kommen dann eh neue Regeln, denn die EU bastelt derzeit an einer einheitlichen Direktive. Noch ist Europa ein bunter, chaotischer Flickenteppich. Wer in Deutschland fliegen darf, hat damit in Österreich noch lange keine Flugerlaubnis, die muss man separat beantragen, 10 Tage vorher, sie kostet 330 Euro und gilt ein Jahr. Und wer dann auf dem Weg in den Urlaub auch noch in Italien fliegen will, muss sich wiederum mit den dortigen Regeln auseinandersetzen.

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Eine Helmpflicht für Radfahrer lenkt vom eigentlichen Problem ab. (Kommentar auf SPIEGEL Daily)

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Soll­te man die Helm­pflicht für Rad­ler ein­füh­ren, weil sie ja schließ­lich auch bei Mo­tor­rad­fah­rern gilt?

Nein. Es gibt Dis­kus­sio­nen, die sind so über­flüs­sig wie Stütz­rä­der an ei­nem Moun­tain­bike. Denn Stu­di­en von Si­cher­heits­for­schern be­le­gen im­mer wie­der das Pro­hi­bi­ti­ons­pa­ra­dox: Was im Ein­zel­fall gut ist, geht als Ge­setz manch­mal nach hin­ten los.

Ein Bei­spiel war die Al­ko­hol­pro­hi­bi­ti­on in den USA: Si­cher, für mich pri­vat ist es na­tür­lich ge­sün­der, nicht zu viel Schnaps zu trin­ken. Wird die­se Bin­sen­weis­heit aber in ein Al­ko­hol­ver­bot um­ge­münzt, be­för­dert sie Ne­ben­ef­fek­te wie Schwarz­markt, Ma­fia und Ge­walt­ver­bre­chen, die deut­lich un­ge­sün­der sein kön­nen als der Al­ko­hol selbst.

Was macht den Verkehr wirklich sicherer?

Die Par­al­le­le zwi­schen Fu­sel und Fahr­rad: Na­tür­lich be­nut­ze ich fast im­mer ei­nen Fahr­rad­helm und fin­de ihn vor al­lem für Kin­der sinn­voll. Aber ers­tens bringt die Fahr­rad­helm­pflicht we­nig: In Ka­na­da zum Bei­spiel ha­ben ei­ni­ge Pro­vin­zen sie ein­ge­führt, an­de­re nicht. In der Kran­ken­haus­sta­tis­tik macht das fast kei­nen Un­ter­schied aus.

Zwei­tens hält die Helm­pflicht vie­le Men­schen da­von ab, das Rad zu be­nut­zen. Und da­durch wird drit­tens ein kol­lek­ti­ver Schutz­ef­fekt ab­ge­schwächt: Je mehr Rad­ler un­ter­wegs sind, des­to sel­te­ner ge­ra­ten sie in Un­fäl­le (war­um, hat die For­schung noch nicht ge­klärt).

Vie­le der Stu­di­en lei­den zwar an me­tho­di­schen Un­si­cher­hei­ten. Er­staun­lich ei­nig sind sich vie­le Ver­kehrs­ex­per­ten, was den Ver­kehr wirk­lich si­che­rer ma­chen wür­de. Dazu ge­hö­ren Rad­we­ge, die nicht hin­ter ge­park­ten Au­tos ver­lau­fen, son­dern auf der Stra­ße. Oder Tem­po 30 in Ort­schaf­ten. Die Helm­de­bat­te lenkt nur da­von ab, das Not­wen­di­ge zu tun  und ist da­her fahr­läs­si­ger als das Ra­deln ohne Helm.

 

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